Ist ein Pferdestall in der Nachbarschaft unzumutbar?
Was muss ein Grunstückseigentümer (er)dulden?
Im Folgenden berichten wir von zwei Urteilen, in denen es darum geht, welche (Geruchs-)Belästigung durch einen Pferdebetrieb ein daran angrenzender Nachbar dulden muss.
Ist ein Pferdestall unzumutbar für ein angrenzendes Wohngrundstück?
In diesem Fall ging es um die Eigentümerin eines Wohngebäudes, die sich durch eine Baugenehmigung für einen zusätzlichen Pferdestall im Außenbereich eines angrenzenden Grundstückes unzumutbar belästigt sah. Ein Pferd wurde bereits vorher auf dem angrenzenden Baugrundstück, das als Koppel genutzt wurde, gehalten. Sie klagte gegen die Baugenehmigung, u.a. wegen der Ihrer Meinung nach von dem Pferdestall ausgehenden Geruchsbelästigung.
Verwaltungsgericht Mainz wies die Klage ab (Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 25.04.2018 – 3 K 289/17.MZ). Interessant ist die Begründung des Gerichtes zum Urteil. So führte das Gericht aus, dass die Baugenehmigung für den Pferdestall die Grundstückseigentümerin eben nicht in nachbarschützenden Rechten verletze. Dem Gericht zufolge waren die Immissionen (z.B. Gerüche) durch die Nutzung des weiteren Pferdestalles und die Haltung eines zweiten Pferdes nicht erheblich und damit unzumutbar für die Klägerin.
Grundstückseigentümer am Ortsrand muss stärkere Belästigung hinnehmen
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Gericht eine herabgesetzte Schutzwürdigkeit der Klägerin aufgrund der Lage ihres Grundstückes am Ortsrand feststellte. Demzufolge muss der Eigentümer eines solchen Grundstückes stärkere Immissionen hinnehmen als der Grundstückseigentümer in einem durch Wohnnutzung geprägten innerörtlichen Gebiet. Das Gericht führte weiter aus, dass regelmäßig eine Zumutbarkeitsgrenze ähnlich der in einem Dorfgebiet gelte, dem Tierhaltung nicht wesensfremd sei.
Die sachgerechte Haltung zweier Pferde auf dem Nachbargrundstück stelle demzufolge keine unzumutbaren Belastungen für das Wohngrundstück der Klägerin dar. Insbesondere aufgrund der abgewandten Lage des genehmigten Pferdestalls und der Größe des langgezogenen (Koppel-)Grundstücks sei nicht mit besonders intensiven Einwirkungen wie Geruch und vermehrtem Auftreten von Fliegen zu rechnen.
Nachbarn wehren sich erfolglos gegen benachbarten Pferdezüchter
In einem ganz ähnlichen Fall ging es um die erwartete Geruchsbelästigung von Nachbarn eines Pferdezüchters. Der Pferdezüchter wollte einen ehemaligen Kuhstall sowie eine Scheune für die Pferdezucht umfunktionieren. Dagegen wehrten sich die angrenzenden Nachbarn mit Eilanträgen am Verwaltungsgericht Hannover gegen die erteilte Baugenehmigung.
Es wurde ein Geruchsgutachten angefertigt, um nachzuweisen, dass die beiden Nachbarn des Pferdezüchters keiner unzumutbaren Geruchsbelästigung ausgesetzt seien. Die zuständige niedersächsische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) sieht nämlich vor, dass auf den Nachbargrundstücken an nicht mehr als 15 % der Jahresstunden Pferdegerüche wahrzunehmen sein dürfen.
Im Ergebnis wurde die erteilte Baugenehmigung zunächst gestoppt. Der Pferdezüchter wehrte sich wiederum dagegen und bekam durch einen Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts recht (Beschluss vom 15.06.2017 – 1 ME 64/17 und 1 ME 66/17 -). Demzufolge werden die Nachbarn durch die Pferdezucht keiner unzumutbaren Geruchsbelästigung ausgesetzt.
Das Gericht führte aus, dass der nach der GIRL maßgebliche Wert von 15 % der Jahresstunden im vorliegenden Fall aus drei Gründen zugunsten der Pferdehaltung zu modifizieren sei:
- Für Pferde sei die Berechnung nicht mit dem Gewichtungsfaktor = 1 durchzuführen, sondern aller Voraussicht nach nur mit dem Gewichtungsfaktor = 0,5 (wie er auch für Rinder angewendet wird). Ein Gewichtungsfaktor von 1 wird üblicherweise für die Schweinehaltung verwendet, die dem Gericht zufolge jedoch eine deutlich höhere Geruchsbelastung als Pferde aufweisen.
- Da die Pferde nur ca. ein halbes Jahr im streitigen Stall gehalten werden, ist zudem zu Gunsten des Züchters zu berücksichtigen, dass die Nachbarschaft das andere halbe Jahr nicht belästigt wird.
- Das Umfeld der Grundstücke ist bereits stark durch Tierhaltungen geprägt. Dies erhöhe die Pflicht der Nachbarn, Gerüche hinzunehmen.